Von der ersten Kapelle bis zur Kirchgemeinde Guttannen
Im Jahr 1467 wurde in Guttannen durch die Gunst des Klosters Interlaken die erste Kapelle vom Weihbischof Thomas von Konstanz geweiht. Die Kapelle war nur zum Messelesen bestimmt. Taufen und Begräbnisse hatten in Meiringen stattzufinden. Für Begräbnisse konnten in ganz dringenden Notfällen Ausnahmen gemacht werden. Diese Notfälle wurden auf dem Friedhof hinter der heutigen Kirche in Guttannen bestattet. Ein Holzkreuz erinnert an diese erste Grabstätte. Der Stiftungsbrief wurde mit dem Siegel der Landschaft Hasli sowie mit den Siegeln des Landammanns Hans Hubler und des Venners Claus Jackis bekräftigt. Eine Genehmigung durch die hohe Obrigkeit in Bern fehlt in der Urkunde, da sich die Landschaft in geistlichen Dingen damals noch eine gewisse Unabhängigkeit wahrte. (Die Landschaft Hasli wurde 1834 in die sechs politischen Gemeinden aufgeteilt.) Nach der Reformation umfasste die Pfarrei Hasli das gesamte Gebiet des heutigen Amtsbezirks Oberhasli. Der Pfarrer von Meiringen hatte sich in seiner ausgedehnten Gemeinde der Predigt und der Seelsorge zu widmen. Gottesdienste wurden nicht nur am Hauptort, sondern auch an Wochentagen nach einer gewissen Reihenfolge in den Kapellen in Guttannen und auf dem Bühl in Gadmen gehalten. Mitte des 16. Jahrhunderts wohnten im Grund (Innertkirchen) 23, im Gadmental 30 und im Guttannental 19 Haushaltungen die der kirchlichen Obsorge teilhaftig wurden. Die älteren Kinder aus den Tälern wurden an bestimmten Werktagen im Herbst in die Kirche nach Meiringen berufen. Sie wurden vom Pfarrer oder von einem Mitglied des Kirchenvorstandes unterrichtet und mit den Glaubenslehren vertraut gemacht. Die Kinder wurden an den Unterrichtstagen jeweils mit einem tüchtigen Stück Brot bedacht.
Am 11. November 1709 beschloss der grosse Rat, dass aus den Tälern oberhalb des Kirchet die neue Pfarrei Hasli im Grund zu bilden sei. Am 27. Juli 1713 wurde als erster Pfarrer David Gryff gewählt. Der Sitz des Pfarramtes und des Chorgerichts (Kirchgemeinderat) befand sich im Grund. Dennoch blieben die Dorfschaften Grund und Umgebung in der Obhut des Pfarramtes Meiringen. Der neue Pfarrer wohnte somit ausserhalb seiner Kirchgemeinde die das Gadmental ab Hopflauenen und das Guttannental ab Schwändi umfasste. An einem Sonntag wurde in Guttannen Predigt und Unterweisung gehalten, am Donnerstag darauf hielt der Pfarrer Predigt und Wochengebet in Gadmen. Nach dem Sonntagsgottesdienst und der Unterweisung in der Kapelle in Gadmen folgten am Donnerstag wieder eine Predigt und ein Wochengebet in der Kapelle in Guttannen. Im Mai 1726 befreite der Regierungsrat den Pfarrer von der Pflicht, auf den Fahrten nach Gadmen und Guttannen den „Baselhut“ und die „Jenggen“, die vorgeschriebene, geistliche Kleidung zu tragen.
1722 wurden in Gadmen und in Guttannen die Kapellen durch eigentliche Kirchlein ersetzt. Der Staat steuerte an die Baukosten je 1000 Pfund bei. Weil dieser Zuschuss aus dem Ertrag des Kristall- Zehntens vom Hasli entnommen wurde, haben die Gnädigen Herren von Bern an die beiden Kirchlein eigentlich wenig geleistet. Immerhin wurden die Pläne im Auftrag der Obrigkeit durch den Werkmeister Hans Jakob Dünz ausgearbeitet. Das Berner Münster war damals unter seiner Obhut.
Das Kirchlein in Guttannen brannte erstmals am 29. August 1723 ab. Mit dem Kirchlein verbrannten acht Wohnhäuser die von 15 Haushaltungen mit 47 Personen bewohnt waren. An den Wiederaufbau der Kirche trug der Staat 400 Pfund bei.
Ein zweites Mal fiel die Kirche in Guttannen dem furchtbaren Brand in der Nacht vom 8. auf den 9. Juni 1803 zum Opfer. Mit der Kirche verbrannten 53 Firste und 42 Haushaltungen kamen in grosse Not. Mit Liebesgaben aus dem ganzen Kanton wurden die Not und die ärgste Bedrängnis der Brandgeschädigten gemildert. An den Wiederaufbau der Kirche steuerte die Regierung 400 Franken in alter Währung bei. Die Gemeinde war zunächst nicht im Stande neue Glocken anzuschaffen. Vom alten Geläute wurde nicht einmal das geschmolzene Metall gefunden.
Am 9. November 1808 hat die Regierung nach einem Gutachten vom Ratsherrn Friedrich Mutach beschlossen, dass Guttannen und Gadmen eigene Pfarreien erhalten sollen. Es wurden Pfarrhäuser gebaut und das Kloster Interlaken hat der Kirchgemeinde Guttannen eine kleinere unbenutzte Glocke aus der Zeit der Mönche und Nonnen überlassen. Die Ausführung der Regierungsrätlichen Anordnungen um die Landkäufe, die Planbearbeitung, die Festsetzung der allseitigen Leistungen, die Beschaffung der Baumaterialien und die Bauten zogen sich über mehrere Jahre hin. In der derzeitigen Weltlage mit dem Kampf Europas gegen den Kaiser Napoleon hatte man im Ratshaus andere Sorgen als die Pfarreien im Oberhasli. Im August 1814 waren schliesslich die beiden Pfarrhäuser in Gadmen und in Guttannen bezugsbereit.
Die Pfarrstelle in Guttannen wurde erstmals ab 1. Juli 1816 durch Herrn Pfarrer Johann Balthasar Bullinger besetzt. Herr Pfarrer Bullinger war seit 1811 in der Pfarrei Grund tätig und entschied sich für Guttannen. In die Pfarrei Gadmen wurde Pfarrer Rudolf Jäggi gewählt. Er trat seine Stelle im Herbstmonat an. Das Pfarrhaus im Grund wurde samt Umschwung an eine Steigerung gebracht und für 1750 Kronen verkauft.
Mittlerweile war die Bevölkerung der Kirchgemeinde Meiringen auf 5000 Seelen angewachsen. Am 5. Mai 1835 hat der Grossrat beschlossen im Grund in Innertkirchen eine Helferei mit einer eigenen Kirche zu errichten. Der am 6. November 1835 gewählte Kandidat Abraham Gruber bezog seine Wohnung zuerst im Schulhaus auf dem Grundfeld. Der Kirchenbau wurde 1841 beendigt und der Rückkauf des Pfarrhauses erfolgte im Frühling 1842. Ein Totenacker wurde bereits früher angelegt. Am 17. September 1860 ordnete der Regierungsrat an, dass neben anderen auch die Helferei Grund zu einer Pfarrei zu erheben sei. Der neuen Kirchgemeinde wurde der Name Innertkirchen gegeben. Der bisherige Helfer Ludwig Hürner wurde zum ersten Pfarrer für die neue Kirchgemeinde gewählt.
Kirche, Glocken, Musik und Umgebung
Die erste Kapelle von 1467, der Neubau der Kirche im Jahr 1722 der Wiederaufbau in den Jahren 1724 und 1804 wurden bereits erwähnt. Im Jahr 1970 wurde die Kirche renoviert und steht seither unter dem Schutz des Bundes.
Die Walliser Säumer machten sich nach dem Wiederaufbau eine Freude daraus, über das Kirchlein ohne Geläute zu spotten. 1808 hat Guttannen eine eigene Pfarrei erhalten. Das Kloster Interlaken überliess Guttannen eine kleinere bis dahin unbenützte Glocke. Diese Glocke läutet seither zum Gottesdienst und dient heute als Zvieri und Gmeinswärchs-Glocke.
Im Jahr 1841 hat man die zweite und grössere Glocke aufgezogen. Diese Glocke wurde durch die Gebrüder Kaiser in der Giesserei Solothurn gegossen. Bemerkenswert ist, dass der Name des Statthalters Arnold Tännler später wieder entfernt wurde. Die grössere Glocke läutet an den Wochentagen zum Mittagessen und am Sonntag das Zeichen zum Gottesdienst. Beide Glocken läuten zusammen den Sonntag ein (Samstag um 18.00 Uhr) und den Gottesdienst ein. Bei Bestattungen begleiten beide Glocken Mitbürger/innen zum letzten Gang. Mit der Renovation der Kirche im Jahr 1970 wurde eine Läutanlage eingebaut. Die alten Glockenseile, ein Teil des alten Uhrwerkes und die Uhrenpendel befinden sich noch im Besitz der Kirchgemeinde. Das alte Zifferblatt ist im Haslimuseum in Meiringen ausgestellt. In den Jahren 2003 und 2004 sind die Läutanlage und die Uhr mit dem Glockenschlag erneuert worden. Die alten Glocken haben mit der modernisierten Läut-, Zeit- und Schlaganlage den Sigristinnen Erleichterungen gebracht. Heute können mit wenigen Ausnahmen die Läutvorgänge programmiert werden.
Im Jahr 1887 hat die Kirchgemeinde ein Harmonium angeschafft. Seither haben viele Pfarrers- Frauen, Lehrerinnen, Lehrer, Musiklehrer und weitere musikalische Frauen und Männer als Organist/innen Gottesdienste und Abdankungen mit ihrer Musik bereichert. 1943 wurde das Harmonium durch die Kirchenorgel ersetzt. Die Kirchgemeinde lässt die Orgel jährlich durch eine Fachfirma instand halten.
Die Kirche, das Pfarrhaus und die Pfrundmatte haben in Guttannen für lange Zeit eine grosse Einheit gebildet. Mit dem Bau der Grimselstrasse in den Jahren 1892 bis 1894 wurde die Kirche vom Rest des Pfundgutes geteilt. Mit dem Bau des Gemeindezentrums wollte die Einwohnergemeinde für die beiden Häuser einen Teil des Pfrundgutes abkaufen. Im Jahr 2000 ist die neue Ortsdurchfahrt verwirklicht worden. Zur Verkehrsberuhigung wurde ein Kirchenvorplatz mit einer Kirchenmauer gebaut. Erst im Zusammenhang mit dem Landabtausch für die Ortsdurchfahrt erhielt die Kirchgemeinde von der Kirchendirektion nach rund zwanzig Jahren die Zustimmung, der Einwohnergemeinde das Grundstück um das Gemeindezentrum zu verkaufen. Die Einwohnergemeinde hatte seither das öffentlich genutzte Grundstück ohnehin unterhalten.
Gegenwart und Zukunft
In einer ersten Sparrunde hat der Kanton Bern 1996 die Pfarrstellen in Guttannen und Gadmen auf 60 % reduziert. Die Pfarrstelle in Innertkirchen wurde auf 80 % festgesetzt. Die gewährte Besitzstandgarantie für die Amtsinhaber erlaubte es, dass die Pfarrstellen bis zur Pensionierung oder zu einem Pfarrerwechsel bei 100 % blieben. In Innertkirchen wurde Pfarrer Urs Baumann nach der Pensionierung von Pfarrer Ortwin Kohler in die 80 % Stelle gewählt. Die zweite Sparrunde des Kantons Bern hat für die drei Gemeinden die oben erwähnten Anstellungsprozente festgelegt. Die Anstellungen werden jedoch auf die Gesamterneuerungswahlen per 1. Januar 2008 mit den reduzierten Stellenprozenten wirksam. In Gadmen bleibt bis Ende 2007 Frau Pfarrerin Annarös Plattner mit 100 % und in Guttannen ist Frau Pfarrerin Hélène Ochsenbein in einer verlängerten Verweserschaft bis ende 2005 gewählt.
In einer geforderten Regionalisierung arbeiten die Kirchgemeinden im Oberhasli an Lösungsvorschlägen für die Zukunft der Kirchgemeinden. Die Kirchenbürger/innen werden gebeten in diesem Prozess aktiv mitzuwirken. Gemeinsam planen und tragen wir die Zukunft der seelsorgerischen Betreuung unserer Kirchgemeinden.
1808 hat Ratsherr Mutach für sein Gutachten über die Pfarrei Grund Guttannen besucht. Nach einem Gerücht fürchteten die Guttanner und die Gadmer, dass man die Kirchlein eingehen lassen wollte. Ratsherr Mutach musste vorab deswegen beruhigen. Hochbetagte Gemeindegenossen baten mit Tränen in den Augen den Ratsherrn in Bern zu sagen, dass ihnen ihre Kirche lieb und wert und unentbehrlich sei.
Einen anderen Grund
kann niemand legen
ausser dem der gelegt ist
welcher ist, Jesus Christus
Dieser Spruch steht mit festen Lettern in der Kirche Guttannen geschrieben.
Chronologie
- 1467
- Stiftungsbrief vom 18. April für eine Kapelle zu Guttannen. Einweihung mit dem Segen des Klosters Interlaken. Ablegung eines Handgelübdes der Guttanner, wonach die Kapelle nur zum Messelesen bestimmt war. Taufen und Begräbnisse hatten nach wie vor in Meiringen stattzufinden. Nur in dringenden Notfällen waren Ausnahmen für Beerdingungen gestattet.
- 1521
- Im bernischen Rat wird eine Kapelle auf der Grimsel erwähnt. Sie war dem heiligen Niklaus, dem Beschützer der Pilger und Reisenden, geweiht und vom Papst mit „sondern gnaden und fryheiten“ bedacht worden.
- 1528
- Reformation. Zahlreiche Hasler wollen beim alten Glauben bleiben, werden aber von der bernischen Staatsmacht mit Waffengewalt bekehrt.
- 1722
- Die ungenügend gewordene Kapelle in Guttannen wird durch eine eigentli-che Kirche ersetzt. Den Zuschuss von 1000 Pfund an die Baukosten ent-nimmt der Staat dem Ertrag des Kristallzehntens von Hasli, so dass die Gnädigen Herren von Bern an das neue Kirchlein eigentlich nichts leisten. Immerhin, die Pläne werden im Auftrag der Obrigkeit von Hans Jakob Dünz ausgearbeitet, Werkmeister am Berner Münster.
- 1528
- Staatsmacht mit Waffengewalt bekehrt.
- 1528
- Staatsmacht mit Waffengewalt bekehrt.
- 1723
- Schon nach einem Jahr, am 29. August, brennt das Kirchlein vollständig ab. Ausser dem Gotteshaus gehen noch 8 Wohnhäuser, die von 15 Haushaltungen mit 47 Personen bewohnt waren, in Flammen und Rauch auf. Man vermutet Brandstiftung, beweisen lässt sich jedoch nichts. An den im nächsten Jahr erfolgten Wiederaufbau der Kirche trägt der Staat 400 Pfund bei.
- 1803
- Dem furchtbaren Brand in der Nacht vom 8. auf den 9. Juni fallen 53 Gebäu-de und erneut die Kirche zum Opfer. Vom alten Geläute wird im Schutt trotz eifrigem Suchen nicht einmal mehr das geschmolzene Metall gefunden.
- 1808
- Am 9. November erhält Guttannen eine eigene Pfarrei. In der Folge wird ein Pfarrhaus gebaut, und das Kloster Interlaken überlässt der Gemeinde eine kleinere, unbenützte Glocke aus der Zeit der Mönche und Nonnen.
- 1816
- Erstmalige Besetzung der neuen Pfarrstelle in Guttannen durch Pfarrer Jo-hann Balthasar Bullinger.
- 1841
- Einsetzen der zweiten, grösseren Glocke, gefertigt von den Gebrüdern Kai-ser in der Giesserei Solothurn.
- 1887
- Anschaffung eines Harmoniums.
- 1943
- Einbau der jetzigen Kirchenorgel.
- 1970
- Restauration mit Hilfe der kantonalen Denkmalpflege. Das Gebäude steht seither unter dem Schutz des Bundes.
- 2005
- Verheerendes Unwetter mit gewaltigen Schäden an der Kirche. Eine Folge der Klimaerwärmung mit extremen Naturereignissen?
- 2008
- Pfarrstellenreduktion von 100 auf 60 %